Protektionismus: Grundlagen

Protektionismus: Grundlagen
Protektionismus: Grundlagen
 
Protektionismus ist ein sehr altes Phänomen der Außenwirtschaftspolitik. Zur Zeit des Merkantilismus herrschte der Glaube, Nutzen im internationalen Handel nur dann zu erlangen, wenn man mehr Ausfuhren als Einfuhren und damit entsprechend mehr Einnahmen realisieren konnte. Später gelangte man zu der Erkenntnis, dass Freihandel für alle Beteiligten Wohlfahrtssteigerungen bewirkt. Im Rahmen des GATT wird seit den 60er-Jahren versucht, weltweit Handelshemmnisse abzubauen und protektionistische Maßnahmen nur noch in Ausnahmefällen zu dulden.
 
 Tarifäre Handelshemmnisse
 
Tarifäre Handelshemmnisse entstehen durch die Auferlegung von Zöllen. Durch die damit erreichte Verteuerung der Importgüterpreise wird die inländische Produktion protegiert. Der Zoll ist eine indirekte Steuer wie die Mehrwertsteuer, die aber nur bestimmten Gütern, nämlich importierten Gütern gilt, und die entweder pro Stück (Mengenzoll) oder auf den Wert (Wertzoll) geleistet werden muss. Die Zollerhebung hat mehrere Effekte: Der Import der durch den Zoll verteuerten Güter sinkt, die inländische Produktion ähnlicher oder identischer Güter steigt. Die inländische Produktion erfolgt jedoch im Allgemeinen zu höheren Preisen, als die Importgüter bisher gekostet haben. Da die Güter nun teurer sind, sinkt der Gesamtkonsum an den entsprechenden Gütern. Der Staat erlangt zwar Einnahmen in Form der erhobenen Zölle, und die inländischen Produzenten verkaufen mehr inländische Güter; beides wird jedoch von den inländischen Konsumenten finanziert. Hinzu kommt ein Wohlfahrtsverlust durch die ineffiziente Produktion. Die Konsumenten kaufen somit weniger Güter zu höheren Preisen.
 
 Nicht tarifäre Handelshemmnisse
 
Diese Form des Protektionismus, die auch als neuer Protektionismus bezeichnet wird, wurde seit den 70er-Jahren verstärkt eingesetzt. Nicht tarifäre Handelshemmnisse sind zum einen formale (preisbezogene und mengenbeschränkende) Maßnahmen und zum anderen administrative Handelsbeschränkungen. Eine häufige Form formaler Handelsbeschränkungen sind Mengenbeschränkungen (Kontingente), die entweder Volumen- oder Wertbeschränkungen sein können. Die freiwillige Exportbeschränkung geht vom exportierenden Land aus. Sie ist jedoch eigentlich eine Variante der Mengenbeschränkung mit dem Unterschied, dass sie nicht vom Importland ausgeübt wird. Dennoch kann sie entweder vom importierenden Land auferlegt (z. B. durch die Androhung von Repressalien) oder durch gegenseitige Übereinkunft beschlossen worden sein (Selbstbeschränkungsabkommen), da direkte Handelshemmnisse im Rahmen des GATT untersagt sind. In Form von Subventionen werden die Kosten der inländischen Produzenten modifiziert, aber nicht der Preis der Konsumenten. Diese Art der Protektion ist daher effizienter als Zölle. Nur auf der Produktionsseite entsteht eine Verzerrung der Produktionskosten. Beim Dumping wird ein Produkt im Ausland zu einem Preis angeboten, der geringer als die Produktionskosten im Inland ist. Mit einem höheren Verkaufspreis im Inland können Firmen die Mehreinnahmen erlangen, die sie für die Finanzierung des im Ausland billigeren Verkaufs benötigen. Eine Exportsubvention ist daher eine Dumpingmaßnahme, die im Rahmen des GATT verboten ist. Eine öffentliche Auftragsvergabe zugunsten inländischer Produzenten, Einfuhrüberwachung und Ursprungskontrollen, Verbraucherschutzbestimmungen, technische Normen und Standards sowie Menschenrechts- und Sozialklauseln können zu administrativen Handelsbeschränkungen führen.
 
 Argumente für den Protektionismus
 
Trotz der allgemein akzeptierten Erkenntnis, dass Freihandel Wohlfahrtsgewinne für alle Beteiligten bringt, gibt es immer noch Staaten, die zu protektionistischen Maßnahmen greifen. Vielfältige Argumente sollen diesen Rückgriff rechtfertigen. Zum einen kann die vorübergehende Protektion einer jungen, neu entstehenden Branche mit noch kleinen, international nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen (Infant Industry) angebracht sein. Ebenso kann es theoretisch sinnvoll sein, alte Industrien, die sich nicht mehr gegen ausländische Konkurrenz behaupten können, so lange zu protegieren, bis der strukturelle Umbau sozialverträglich und nicht abrupt erfolgt ist. Vielfach werden protektionistische Maßnahmen dann aber permanent angewendet. Ihre Dauerhaftigkeit wird darüber hinaus mit dem Schutz von heimischen Arbeitsplätzen gegenüber der ausländischen, billigeren Lohnkonkurrenz verteidigt. Handelsbarrieren können die Arbeitslosigkeit im Inland verringern, wenn sich die Nachfrage von den teureren Importen hin zu den inländischen Produkten verschiebt. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass die Zölle eine Einnahmequelle für den Staat darstellen. Da Staaten ihre komparativen Vorteile im internationalen Handel verbessern oder beeinflussen wollen, wird vielfach versucht, im Rahmen der durch internationales Recht vorgegebenen Schranken eine aktive Handelspolitik zu betreiben.

Universal-Lexikon. 2012.

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